Tradition in steilsten Lagen

Tal Diez

Ausweislich der ersten bekannten urkundlichen Belegung von Weinbau bei Diez (Tal Diez, neben Altendiez und Freiendiez) im Jahr 1294 wurde spätestens seit Mitte des 13. Jahrhunderts Weinbau betrieben.

ERSTER BEKANNTER URKUNDLICHER NACHWEIS VON WEINBAU BEI DIEZ

05. MAI 1294

In benanntem Dokument wird bestätigt, …

… daß Graf Gerhard von Diez zusammen mit seiner Gattin Elisabeth im Jahre 1289, unter der Regierung des Königs Rudolf von Habsburg (‚Habichisburch‘), die Kirche in Diez zu Ehren der heiligen Jungfrau Maria, der Heiligen Johannes des Täufers und des Evangelisten sowie des heiligen Märtyrers Georg erbaut und auf sie die Einkünfte von drei Klerikern zu Salz unter Vorbehalt des Patronatsrechts für ein Kollegium von Klerikern übertragen hat …

Ferner wird festgelegt, dass …

… die Zahl der Pfründen und Kanoniker über acht nicht vermehrt wird, solange sich nicht die Summe der Einkünfte jeder Pfründe auf 16 Mark erstreckt, wobei nach gemeiner Schätzung 1 Malter Weizen mit 3 Schilling, 1 Malter Korn mit 2 Schilling, 1 Malter Hafer mit 12 Pfennig und 1 Ohm Wein mit 4 Schilling Pfennig angesetzt wird.

Originaldatierung: Acta sunt hec 1294, anno tercio regnante Adolfo rege de Nassoya

Quelle:
Arcinsys/HHStAW, Bestand 20, Nr. U 3

Daraus darf geschlossen werden, dass bereits Weinbau bei Diez betrieben wurde und dies zum ersten urkundlichen Nachweis genügt.


WEITERE ERWÄHNUNGEN

Erst in weiteren Erwähnungen von Weinbau in und bei Diez werden zahlreiche Lagen benannt:

ante vallem Dytze (1303)
an der Pforte (1319)
an dem Haynberge (1395)
im Schloß (1457)
am Gockenberg (1473)
an dem Weiler (1598)
an den Wilner (1518)


03. Oktober 1324

Graf Heinrich von (Neu-)Weilnau, seine Frau Mechtild, sein Bruder Reinhard und dessen Frau Margarete bekennen, daß sie ihrem Neffen dem Grafen Gottfrid von Diez, seinem Sohn Gerhard und dessen Frau Jutta für 1200 Mark Pfennige ihren Anteil an der Burg zu Diez mit allen Zubehörungen, Höfen, Gärten, Mühle, Rodern (Bauern), Weingärten zu Diez, Fachingen und Strumbach, Gericht und Gut zu Birlenbach, auch einigen darauf ruhenden Verpflichtungen verkauft haben mit Vorbehalt der Einlösung ‚falls wir – zu beszerme gelucke quemin‘, und mit weiteren Bestimmungen auch über den etwaigen Verkauf des Weilnauer Anteils an der Burg Dehrn.

Quelle:
Arcinsys/HHStAW, Bestand 170 I, Nr. U 149

20. Dezember 1367

Walter, Dekan zu Diez, bekundet, daß er mit den Kapitelsbrüdern im Stift Diez über seine Forderung wegen seiner Kirche zu St. Petersberg, und zwar der Novalien wegen, die in der Pfarrei liegen, sodann wegen Erfüllung des halben Fuders Weingülte, welche die Stiftsherren jener Kirche jährlich zu geben pflegten, und wegen des Flachszehnten, den der Dekan und der Kellner des Stifts jährlich zu teilen pflegten, gänzlich gesühnt ist, so daß er wegen der drei Artikel keinerlei Forderung über das hinaus, wie es von seinen Vorgängern (‚vuorfarn‘) an ihn gekommen ist, erheben soll. Wenn die Kapitelsherren ein halbes Fuder Wein erhalten, so soll jener Kirche ebenso viel werden; erhalten sie aber weniger, so soll der Kirche auch nur dieselbe Portion zustehen.
– Siegel des Ausstellers.

Originaldatierung: D. 1367, in vigilia beati Thome apostoli

Quelle:
Arcinsys/HHStAW, Bestand 20, Nr. U 70

07. November 1373

Im Zuge einer Streitschlichtung zwischen entschied der als Schiedsmann angerufene Graf Gerhard von Diez in Gegenwart von Notar und Zeugen unter anderem, …

daß vor allem dafür gesorgt werden soll, daß die Güter und Weingärten in Bau (‚in debita cultura‘) und die Häuser in Stand (‚in debitis edificiis‘) gehalten werden. […]

Originaldatierung: Acta sunt hec in opido Diczensi

Quelle:
Arcinsys/HHStAW, Bestand 20, Nr. U 74

22. Februar 1408

‚Clays, Huyts‘ Sohn, und seine Frau ‚Palyne‘, Henne Leyp und seine Frau Gele, beide von Holzheim, sowie Hertwin und seine Frau Ele von Heuchelheim (‚Huchyln-‚) bekunden, daß sie von Lucze, Meisterin zu Dirstein, und dem Konvent daselbst den Weingarten zu Heuchelheim ‚under Henne Crahin und uff uns(er)s heren wingarten von Dytze und uff der von Baldinst(ein) wingarten‘ zu Erbrecht erhalten haben gegen 7 Tournosen ewiger Gülte von jedem Morgen, fällig am 24. August (‚uff sente Bartholomeus dage‘), und 3 Zinshühner, fällig am 11. November, und zwar soll der vorgenannte ‚Clays‘ 6 1/2 Tournosen und 1 Zinshuhn, Henne Leyp 5 Tournosen und 4 1/2 Heller und 1 Zinshuhn und Hertwin 5 Tournosen und 4 1/2 Heller und 1 Zinshuhn geben. Jeder von ihnen soll ein Fuder Mist in jede Sadel Weingarten legen und die Weingärten in gutem Bau halten. […].

Originaldatierung: (D. ipso die cathedra Pe)tri 1407 secundum stilum Treverensem

Quelle:
Arcinsys/HHStAW, Bestand 21, U 45 a

22. Januar 1424

Heinrich von Lich und seine Frau Gertrud, wohnhaft zu Freiendiez, verkaufen dem Dekan, Kapitel und den Vikaren des Liebfrauenstifts zu Diez zur Präsenz für 9 Gulden Limburger Währung, die diese ihnen bezahlt haben, 1/2 Malter ewiger Korngülte Diezer Maß, die sie jährlich trocken und gut zwischen dem 15. August und 8. September nach Diez auf ein Haus, wohin sie vom Präsenzmeister gewiesen werden, auf eigene Kosten und Gefahr entrichten sollen. Sie setzen dafür zu Unterpfand 1/2 Morgen Weingarten, der an dem Hubenrißer zwischen Contze Mule und Elchen von Zahlbach liegt und 2 Tournosen am 11. November in die Präsenz zu Limburg zinst, ferner 3 Sadel Weingarten, die an dem ‚Haynberge‘ liegen und zu Lätare (‚halphfasten‘) den Herren zu Diez auf die Burg 2 1/2 Tournosen weniger 1 Heller zinsen. Sie haben diese Güter vor Schultheiß und Nachbaren in den Gerichten, wo die Güter liegen, wie in der Grafschaft Diez rechtsüblich, aufgegeben. Halten sie die Güter nicht baulich und versäumen die Gültleistung, so kann das Stift die Unterpfänder mit oder ohne Gericht einziehen (‚uffholen‘) oder sich von dem Schultheißen mit 1 Schilling Pfennig an den Gütern Recht zusprechen lassen, als ob sie drei Tage und sechs Wochen dieselben ausgeklagt hätten.
– Siegel des Edelknechts Junkers Otto von Diez.

Originaldatierung: Actum et d. ipso die Vincencii martiris 1423 iuxta stilum curie Treverensis

Quelle:
Arcinsys/HHStAW, Bestand 20, Nr. U 134

29. November 1424

Elschen von Heringen, Bürgerin zu Limburg, bekundet, daß sie die 2 Morgen Weingarten bei (‚gen‘) Langenscheid, an der Dupach an dem Weingarten des + Herrn Heinrich Welder gelegen und auf die Lahn stoßend, die sie dem Dekan, Kapitel und den Vikaren des Stifts Diez zur Präsenz nach ihrem Tode ausgesetzt und gegeben hat, mit deren Wissen und Willen Henne Steler von Hausen und dessen Frau Meckel zu Erbrecht verliehen hat, so wie sie jene Weingärten in der Grafschaft Diez vor der Brücke zu Diez laut Urkunde gerichtlich eingezogen (‚ingeholt‘) und bisher besessen hat. […]
– Siegel des Junkers Markolf Rödel von Reifenberg.

Originaldatierung: D. in vigilia Andree apostoli 1424

Quelle:
Arcinsys / HHStAW, Bestand 20, U 136

Die verwendete Ortsangabe vor der Brücke zu Diez, lässt die Vermutung zu, dass sie gleichbedeutend mit flussaufwärts der Brücke zu verstehen ist.
Damit darf mann davon ausgehen, dass die Weingärten im Selhobener Feld / Silberfeld am Haynberge gelegen waren

Einzelheiten zur Lage In der Dupach finden Sie über die Verlinkung.


22. Februar 1518

Revers des Hans Schnyder von Eppenrod, Bürger zu Diez, über seine Belehnung durch Graf Wilhelm von Nassau mit einem Weingarten ‚an den Wilner‚ zu Diez.

Originaldatierung: Im Jar unsers Herrn funffzehenhundert unnd achtzehen uf mandag Sant Peters dagh ad Cathedram

Quelle:
Arcinsys/HHStAW, Bestand 170 I, U 3054

1598

Belehnung des Amtmanns Georg Frinck zu Diez, dann das Arnolts Theiß zu Freiendiez mit dem Lehen der Stößel, dem Weingarten an den Weiler zu Diez

Quelle:
Arcinsys/HHStAW, Bestand 171 Nr. Z 4433
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Digitalisat: HHStAW Bestand 171 Nr. Z 4433 (Seite 3)
© 2020 Hessisches Hauptstaatsarchiv Wiesbaden. Alle Rechte vorbehalten.

Den Hinweis auf die Lage des Weingartens finden Sie in Zeile 8.
Leider ist nicht überliefert, wo sich der Weiler zu Diez befand.


In seiner Diezer Chronik beschreibt Robert Heck zum Weinbau insbesondere die klimatischen Auswirkungen auf das jeweils Erntejahr.

1608

… war der Winter außerordentlich streng. Die Kälte währe von Mitte Dezember 1608 bis zur Fastnacht und richtete vielen Schaden in den Weinbergen an.

1611

In der Nacht vom 10. auf 11. Mai richtete der Frost großen Schaden in Weingärten und Kornfeldern an.

1684

war der Winter außerordentlich streng. Die Erde war stark gefroren, aber es fiel kein Schnee. Mitte April setzte der Sommer ein. Der Regen blieb bis gegen Ende Juni aus. Nirgends sah man Gras, die hervorgesproßten Feldfrüchte verdorrten, ebenso alle Blätter an Hecken und Buschwerk. Die Bäche und Pfützen waren ausgetrocknet. In den Gärten sah es trostlos aus. das Vieh starb vor Hunger in den Ställen. Dagegen gedieh der Wein in großer Menge und war von ausgezeichneter Güte.

1804

Im Frühjahr eröffnete der Stadt- und Landphysikus zu Diez Geheimrat Diehl, Deutschlands berühmtester Pomologe, im Seehofer Feld eine systematisch geordnete Baumschule, die bald weltberühmt wurde

Dies mag darauf hinweisen, dass der zuvor im Seelhofener Feld betriebene Weinbau zum Erliegen gekommen war.

Quelle:
Robert Heck, Diezer Chronik 1606-1866, a.a.O.

1667/1812

Erster Abschnitt – Übersicht über die Grafschaft Dietz.

[…]

§ 18 Weingärten.

Diese haben in neueren Zeiten abgenommen und sind wircklich ausgerottet worden, weil man den Fruchtbau weit zu– und einträglicher gefunden hat: welches nicht zu verdenken ist. Um Diez herum, wo dermalen nur noch ein Einziger vorhanden ist und gebauet wird, waren in alten Zeiten nicht nur mehrere, sondern auch auf dem Lande z. E. Altendiez, Heistenbach, Auel und Gückingen aber auch ebenso auf der Arde. Unter meinen alten Amtskompetenzen selbst habe ich noch Weinartikel, deren Daseyn aber jetzt vergeblich gesucht wird. Noch im 16ten Jahrhundert geschahen derley Lieferungen an das Stifft.
Jetzt wird meines Wissens im ganzen Lande ausser Oberhof  kein Weinbau mehr getrieben. Der Ackerbau hat den gerechten Vorzug und Waitzen bringt mehr ein als der Weinbau.

Im §. 20. Allerlei örtliche Merkwürdigkeiten aus der letzten Hälfte des 16. Jahrhunderts nennt Steubing zahlreiche Orte im Zusammenhang mit Weinbau.
Zu Diez vermerkt er:

Der heutige Hof Oranienstein hieß damals Silhoben; daher hieß das dorthin führende Stadttor die Silhober Port. 
Am Hanberg (heute: Hain) war im Silberfeld ein Wingert; noch 1667; welcher der Inspektion zugehörte.
Auch Conrad von Offheim hatte dort einen Weinberg.

Quelle:
Johann Herrmann Steubing,Topographie der Stadt und Herrschaft Dietz, a.a.O.

1865

Der Winter 1864/65 war lang, streng und sehr schneereich. Erst Ende März schmolz der Schnee. Bis Mitte Mai war die Witterung sehr günstig und berechtigte zu den schönsten Hoffnungen, allein dann trat große Trockenheit und zuletzt bedeutende Kälte ein. […] Ende Juni wurde die Witterung wieder günstiger. Von Anfang September bisMitte Oktober herrschte große Hitze. Es regnete kaum. Die Getreideernte war äußerst gering, dagegen gediehen die Kartoffeln und vor allen Dingen der Wein vortrefflich.

Quelle:
Robert Heck, Diezer Chronik 1606-1866, a.a.O.

Bisher ist es leider nicht gelungen, herauszufinden, wo in Diez im Jahr 1865 noch ein Weingarten im Ertrag stand, im dem jener beschriebene Wein gelesen wurde.


Letzte bekannte Erwähnung von Weinbau bei Diez

1925-1960

Mit einer nutzbaren Fläche von 7,9 ha entstand 1925-1926 die Großrebschule Schloss Oranienstein mit Veredelungseinrichtung. Durch Veredelung, Anzucht und Versuchsweinbau konnte die Reblausplage in den betroffenen Gebieten der unteren Nahe, des Heimbachtals und Teilen des Rheingaus eingedämmt und der Weinbau gesichert werden.

Der Betrieb der Rebschule wurde danach um 1960 eingestellt.

Quelle:
Neuzeitlicher Weinbau 1927
n: Bad Emser Hefte Nr. 594.1 und 594.2 Nachdruck in 2 Heften
Hrsg. Verein für Geschichte/Denkmal- und Landschaftspflege e.V. Bad Ems

Einzelheiten über die Einrichtungen finden Sie hier.

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Titelbild:
Grafenschloss zu Diez
© 2020 Sonja Schweitzer. Alle Rechte vorbehalten.

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