Tradition in steilsten Lagen

Heistenbach

An den Südlagen des Heistenbaches wurde bereits im frühen Mittelalter Wein angebaut. Die früheste bekannte urkundliche Erwähnung datiert aus dem Jahr 1313.

Erste bekannte urkundliche Nennung

24. August 1313

Die erste bekannte Erwähnung von Weinbau bei Heistenbach finden wir in einem Dokument über den Verkauf eines Weinbergs daselbst an Jutta, Meisterin und den Konvent des Klosters Dirstein sowie die Verleihung desselben an die Verkäuferin.

Jutta, Meisterin, und der Konvent des Klosters Dirstein bekunden, daß Mechtild, Witwe des Dietrich ‚Byerheve‘ von Diez, dem Kloster mit Halm und Mund ihren Weingarten am Heistenbach aufgegeben hat und daß sie ihr denselben für 1/2 Pfund Wachs und 1 Ohm Wein, wenn der Wein gerät, wieder verliehen haben. […]

Originaldatierung: Dit geschag 1313, an sente Bartholomeus dage

Quelle: 
Arcinsys/HHStAW, Bestand 21, Nr. U 23 auch: Struck, Wolf Heino, Das Benediktinerinnenkloster Dirstein, a.a.O., S.295, Nr.568

Weitere urkundliche Erwähnungen

15. Juni 1328

Dekan und Kapitel des Stifts Diez, Trierer Diözese, bekunden, daß sie die Streitsache mit Herrn Erwin von Schwabach (‚Swop-‚), ihrem Mitkanoniker, folgendermaßen gütlich beigelegt haben. […]
Der von jenem Erwin zuletzt bewidmete Altar soll in der Form erhalten bleiben, wie er von ihm eingerichtet und bewidmet ist, außer daß von der Hälfte des Weingartens zu Heistenbach, die Erwin nach seinem Tode dem Altar zuwies, künftig nur die Hälfte, also ein Viertel des ganzen Weingartens, dem Altar und das andere Viertel nach dessen Tode dem Stift gehören soll. […]

– Siegel des Stifts, des vorgenannten Erwin und der Herren Hertwich, Scholasters des Stifts Limburg, Heinrich von Nassau und Rupert von Lohrheim (‚Larheym‘), Ritter. […]

Originaldatierung: Actum et d. 1328, ipso die beatorum Viti et Modesti martirum

Quelle:
Arcinsys/HHStAW, Bestand 20, Nr. U 30

1352

Johannes, Dekan und Kanoniker des Stifts Limburg, Trierer Diözese, errichtet – da nichts sicherer als der Tod und nichts unsicherer als seine Stunde ist und da der Mensch nichts als die Wirkung seiner Werke von diesem elenden (‚miserabili‘) Leben mitnehmen kann – über seine Erb- und Eigengüter mit Rat des Grafen Gerhard von Diez und anderer Freunde folgendes Testament. […]

Seinen Weingarten in der Heistenbach vermacht er ebenfalls dem Heinrich, Sohn seines Bruders, auf Lebenszeit. Nach dessen Tod soll eine Hälfte des Weingartens zur Präsenz des Chors im Stift fallen und die andere zur Präsenz des Chors im Stift Limburg. […]

Quelle:
Arcinsys/HHStAW, Bestand 20, Nr. U 38
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HHStAW, Bestand 20, U 38, 1352
© 2019 Hessisches Hauptstaatsarchiv Wiesbaden.
Alle Rechte vorbehalten.

Den entsprechenden Nachweis des Weingartens in der Heistenbach finden Sie im Dokument am Ende der Zeile 18 zu Beginn der Zeile 19.

Den entsprechenden Nachweis des Weingartens (It vineam sitam in der Heistenbach) finden Sie im Dokument am Ende der Zeile 18 zu Beginn der Zeile 19.

HHStAW, 20, U 38, 1352 Vorderseite Ausschnitt Heistenbach
Ausschnitt
HHStAW, Bestand 20, U 38 
© 2019 Hessisches Hauptstaatsarchiv Wiesbaden. 
Alle Rechte vorbehalten.

23. Februar 1414

Heinrich, Stirns Eidam, Schöffe zu Diez (‚Dy(tze)‘), und seine Frau Katharina bekunden, daß sie von Dekan, Kap(ite)l und Vikaren des Marienstifts zu Diez dessen Weingärten mit Zubehör in der Heistenbach (g)en dem stege off Westerberger wyden zu Erbrecht erhalten haben gegen 15 Tournosen Gülte, die sie jährlich am 11. November der Präsenz entrichten sollen. […]
Wegen Siegelmangels der Aussteller siegelt Junker Heinrich von Nassau, Edelknecht.

Originaldatierung:
(D. in crast)ino kathedra Petri 1413 secundum stilum (Treverensem)

Quelle:
Arcinsys/HHStAW, Bestand 20, Nr. U 119

Die Lagebeschreibung (g)en dem stege off Westerberger wyden (gegenüber dem Steg zu den Westerberger Weiden) lässt sich heute nicht mehr lokalisieren, da Flurbezeichnung gleichen oder ähnlichen Namens nicht mehr bekannt sind.

Gegebenenfalls könnte eine Auswertung eines Rückvermerks aus dem 15. Jhdt. weitere Hinweise zur Lokalisierung geben. Dort wird er offensichtlich als Weinberg in der Heys(tenbach), der Henne Stirne (…) (De vinea in der Heys(tenbach), quam Henne Stirne (…) gehörte (?).


21. Januar 1419

Dietrich von Allendorf (‚Ald-‚), Edelknecht, und seine Frau Jutte verkaufen Herrn Jakob Huntßwin von Lahnstein, Dekan des Marienstifts zu Diez, für eine Geldsumme, die dieser ihnen bezahlt hat, 1/2 Gulden Limburger Währung ewiger Gülte mit den Gütern, von denen die Gülte fällt und die der vorgenannte Dekan vorzeiten von den Ausstellern gegen die Gülte auf Lebenszeit entliehen hatte: einem Weingarten in der Heistenbach unterhalb Helwigs Weingarten und einem Stück Land in der Diezer Aue. Der Weingarten zinst der Präsenz desselben Stifts 1/2 Ohm Wein, ob Wein wächst oder nicht, den man täglich zu Gottes Ehre für die Heilige Messe nutzt. Sonst geben beide Güter nur ihren Zehnten.

Siegel des Markolf Rödel von Reifenberg.

Originaldatierung:
Actum et d. 1418, ipso die beate Agnetis virginis martiris juxta stilum scribendi dyocesis Treverensis

Quelle:
Arcinsys/HHStAW, Bestand 20, Nr. U 131

9. Februar 1456

Concze ‚Stail‘ von Runkel, genannt Becker, und seine Frau Katharina, Bürger zu Diez, verkaufen dem Dekan, Kapitel und den Vikaren des Marienstifts zu Diez zur Präsenz für 20 schweren Gulden Limburger Währung, die diese ihnen bezahlt haben, 1 Malter ewiger Korngülte Diezer Maß, die sie jährlich zwischen dem 15. August und 8. September trocken und gut nach Diez auf ein vom Stift oder dessen Präsenzmeister angewiesenes Haus auf eigene Kosten und Gefahr liefern sollen. Sie setzen dafür zu Unterpfand: ihr Wohnhaus zu Diez […]; dazu 1 Morgen Weingarten in der Heistenbach zwischen Meczen Helewiges und Annen Byntdenesels, der Eigen ist und jährlich am 11. November 4 Heller auf die Burg nach Diez zinst. […].

Siegel der Junker Cone von Reifenberg, Sohn des + Cone, und Otto von Diez, Amtmänner von Diez.

Originaldatierung: D. ipso die beate Appollonie virginis et martiris 1455 secundum stilum Treverensem

Quelle:
Arcinsys/HHStAW, Bestand 20, Nr. U 153

Durch die in der Ortsbeschreibung angesprochenen Besitzer angrenzender Weinberge werden somit insgesamt drei Weinberge offengelegt, davon offenbar wiederum jener Helewiges (Helwigs), der im Dokument vom 21. Januar 1419 ebenfalls dem Zwecke zur Ortsbeschreibung diente.


11. November 1470

Im nachstehenden Dokument wird zur Ortsbezeichnung eines Grundstückes in der Heisterbach ein dem St. Katharinenaltar gehörender Weinberg genannt.

Henne Bender, Bürger zu Diez, und seine Frau Katharina bekunden, daß sie von Dekan und Kapitel des Liebfrauenstifts zu Diez zum Nutzen (‚umbe urbair unde notzs wyln‘) des St. Katharinenaltars das Stück und den Weidenhau mit etlichen Nußbäumen, in der Heistenbach zwischen St. Katharinen Weingarten und dem Bach gelegen, die jenem Altar zustehen, zu Erbrecht erhalten haben gegen 6 1/2 Weißpfennig ewiger Gülte guter Limburger Währung, die sie jährlich am 11. November dem Vikar oder dem Kellner und Präsenzmeister, falls der Vikar nicht in Diez wohnt, reichen sollen. […].

Originaldatierung:  D. ipso die beati Martini episcopi et confessoris 1470 

Quelle:
Arcinsys/HHStAW, Bestand 20, Nr. U 170

28. August 1475

Wilhelm Becker, genannt Bender, Bürger zu Diez, und seine Frau Agatha bekunden mit diesem Transfix, daß sie dem Dekan, Kapitel und den Vikaren des Liebfrauenstifts zu Diez zur Präsenz 1 Gulden Gülte von ihrem Haus nebst Hofstatt binnen Diez, zwischen Sanders Schneider und Wilhelm Feyth gelegen, das dem + Peter Larbecher gehörte, dann an Hen Bender und schließlich an sie gelangte, zum 11. November jährlich schulden, daß aber – entgegen der Haupturkunde – das Haus durch sie verfiel und unerbaut blieb, so daß das Stift befugt wäre, die Hofstatt als Unterpfand für die 21 Gulden Hauptgeld einzuziehen (‚in und uffzuholen‘); es hat ihnen jedoch gestattet, dieselbe wieder zu bebauen. Zum Unterpfand für den Zins setzen sie: ihre Sadel Weingarten in der Heistenbach zwischen Wilhelm Feyth und Appeln Chunen; […]

Siegel des Gerichts zu Diez.

Originaldatierung: ‚Actum denstags nach assumptionis Mariae 1574‘.

Quelle:
Arcinsys/HHStAW, Bestand 20, Nr. U 178

Besagtes Dokument enthält einen Kaufvertrag zwischen Henne Bender, Bürger zu Diez, und seiner Frau Katharina und dem Dekan, Kapitel und den Vikaren des Marienstifts zu Diez.
An der Ausfertigung hängt das zuvor zitierte Transfix von 17. August 1574.


05. April 1556

Jacob Königstein, Vikar des Katharinenaltars, verlehnt mit Genehmigung des Dechanten Gerhard von Arscheit 1/2 Morgen Weingarten in der Heistenbach gegen 1/3 des Ertrags.

Quelle:
Arcinsys/HHStAW, Bestand 20, Nr. U 292 a

Letzte bekannte Erwähnung von Weinbau und sein Ausgang

Johann Hermann Steubing nennt in seiner Topographie der Stadt und Grafschaft Diez im §. 20. Allerlei örtliche Merkwürdigkeiten aus der letzten Hälfte des 16. Jahrhunderts zahlreiche Orte neben Diez im Zusammenhang mit Weinbau. So auch zu Heistenbach.

1667

In der Heisterbach waren mehrere Wingerte noch 1667.

Quelle:
Johann Herrmann Steubing, Topographie der Stadt und Graffschaft Dietz, a.a.O., S.287 (§.20.)

Zuvor führt er auf Seite 154 aus:

Seine Gemarkung begreift  9 Morgen 87 Ruthen Gärten, 53 Morgen 15 Ruthen Ackerland, 140 Morg. 9 Ruthen Wiesen und 13 Morg. unbrauchbares.

Damit darf davon ausgegangen werden, dass in Vorbereitung der Herausgabe seines Werkes 1810/1812 und der fehlenden Erwähnung von Weingärten der Weinbau zu Heistenbach bereits ausgegangen war.


Lokalisierung

Der Heistenbach durchfließt den nach ihm benannten Ort von West-Nordwest nach Süd-Südost. Während der Bach westlich des Ortes ein breiteres Tal mit flachen Hanglagen gebildet hat, ist sein weiterer Verlauf zur Mündung in die Lahn ostwärts des Ortes beiderseits von steilen Hanglagen gerahmt.

Alle Hanglagen sind im Wesentlichen nach Süd-Südwest exponiert.

Diese geologischen Gegebenheiten lassen den Schluss zu, dass beiderseits des Ortes im Bereich der heutigen Flur 11 Im alten Hain bis zu 3 ha, jedoch wegen der steileren Hanglagen vorzugsweise in den steileren Hanglagen der Flur 3 In den Hofmannsbergen ostwärts Heistenbach, bis zu 8 ha für Weinbau nutzbar waren.

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Bisher einzig gefundener Zeitzeuge mittelalterlichen Weinbaus um Heistenbach ist eine recht gut erhaltene Stützmauer, die im Gegensatz zu jenen im unteren Lahntal aus Schiefer geschichteten hier aus dem vor Ort gewonnenen Kalkstein errichtet wurde.

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Intensiver Kalksteinbruch sowie die heutige gewerbliche und landwirtschaftliche Nutzung der Hanglagen lassen ansonsten nur noch rudimentäre Überreste einer Terrassierung erkennen.

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Topografie

Lage: westlich und ostwärts der Ortsgemeinde Heistenbach
Exposition: 210° (SSW)
Hangneigung: ca. 60°
Größe: 11 ha (max. gesamt)

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Kommentare (1):

  1. Weinbau an der Lahn

    7. April 2021 at 12:55

    Herzlichen Dank an Beate Fillbach, die mir die Spurensuche auf ihrem Anwesen ermöglicht hat.

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