Tradition in steilsten Lagen

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Weinbau in Niederelbert

– von der Historie zur Gegenwart –

Willi Bode

Auszug

Die Quellenlage zur Weinbaugeschichte in Niederelbert beschränkt sich auf historisches Kartenmaterial, das einen Zugang zu ehemaligen Weinbergsflächen erschließt. Obwohl der Weinanbau schon seit Jahrhunderten aus dem Landschaftsbild unserer Heimat verschwunden ist, ermöglichen diese Hinweise in den Niederelberter Flurkarten zumindest eine Orientierung über die Lage und Geländeform der früheren Rebflächenin der Gemarkung.

Leider fehlen aber Urkunden oder andere schriftlichen Quellen, die den Weinbau imDorf beschreiben.

Die Hinweise auf Weinanbauflächen mit präzisierenden Lagebeschreibungen finden wir in alten und neueren Niederelberter Flurkarten. In der Deutschen Grundkarte 1 :5000 (DGKS, Blatt Niederelbert) sind folgende Gemarkungsbezeichnungen überliefert, die auf früher bewirtschaftete Rebflächen hinweisen.

• Im Weinberg,
• vorderer Weinberg und
• Hinterer Weinberg

Lage der Rebflächen

Im Weinberg

Die Rebfläche Im Weinberg – in dem Kartenausschnitt grün markiert -lag im Hangbereich des Ortsausgangs nördlich der heutigen Horresser Straße. Der fast dreieckige Hang ist überwiegend nach Süd-Südwest ausgerichtet. Er umfasste alle heute bebauten Grundstücke am aufsteigenden Berghang der Horresser Straße und einige Parzellen bergseits des später gebauten Städter bzw. Montabaurer Wegs, der nach Montabaur führenden Kreisstraße.

Die Wingertfläche erstreckte sich über den Kamm des ehemaligen Steinbruchs Steinkaut hinaus. Sie erfasste die beiden benachbarten Grundstücke (Christa Schlemmer und vormals Altbürgermeister Hübinger), die angrenzenden Grünfl.chen und den Großteil der darüber gelegenen landwirtschaftlichen Nutzflächen.

Vorderer Weinberg

Der Vordere Weinberg (gelbe Markierung) war eine keilförmige Rebfläche im westlichen Berghang der Talaue des Niederelberter Baches. Er umfasste den nach Osten ausgerichteten, stark geneigten Hang von der derzeitigen am Ortsausgang aufgestellten Litfaßsäule und dem Treppenaufgang zum Aussichtspunkt Steinkaut bis zum Hangeinschnitt der Wiesen- bzw. Weidefläche an der Matheswiss.

Der schmale Ost- bzw. Nordosthang erstreckte sich früher talwärts sicherlich über die heutige Kreisstraße bis an die Sohle der Talaue des Elbertbaches.

Hinterer Weinberg

Nach der Matheswiss folgte in nordöstlicher Richtung – wiederum entlang des späteren Städter- bzw. Montabaurer Wegs – der Hintere Weinberg. Der überwiegend nach Südosten ausgerichtete Hang ist in der Karte blau gekennzeichnet.

Eine Ansichtskarte aus den 1960er Jahren zeigt im Vordergrund links ein Teilstück der Matheswiss und daran anschließend den Hinteren Weinberg, dessen Rebflachen sich früher über den um 1830 gebauten Städter- bzw. Montabaurer Weg ausgedehnt haben.

Nach einer Berechnung betrug die Größe der Rebflächen:
Im Weinberg ca. 22.000 qm, Vorderer Weinberg ca. 12.000 qm und Hinterer Weinberg ca. 22.500 qm

Die früher in Niederelbert bearbeitete Rebfläche von ca. 5.65 ha entsprach etwa der Größe der heute in Obernhof bewirtschafteten Weinbergslage Goetheberg (ca. 5,5 ha).

Topografie

Die Hanglage der Niederelberter Weinbergsböden begünstigte durch die vermehrte Sonneneinstrahlung auf den überwiegend aus hellem Tonschiefer bestehenden, mit Feinerde untermischten und gut durchlüfteten sowie leicht zu erwärmenden Böden den Weinbau.

Die Höhenunterschiede betrugen bei allen Weinbergen von der Kammlage bis zu den untersten Rebstöcken im Schnitt etwa 40-50 m, so dass sowohl die Hangneigung als auch die Ausrichtung der Weinberge allgemein günstige Bedingungen für das Wachstum der Reben und den Reifeprozess der Beeren boten.

Insofern erwiesen sich die Bodenverhältnisse, die Hanglage und das vorherrschende Kleinklima als ideale den Weinanbau begünstigende Standortfaktoren.

Die drei in der Karte ausgewiesenen Rebflächen wurden nicht als große Einzelflächen bewirtschaftet, sondern gewiss als kleinparzellierte Wingerte von bäuerlichen Kleinbetrieben im Nebenerwerb. Entsprechend den damaligen mittelalterlichen Gegebenheiten kann es sich sowohl um Eigenland als auch vom Grundherrn gepachtete Parzellen gehandelt haben, für die ein Pachtzins in Geld oder Wein als Naturalzins zu entrichten war.

Wie in fast allen anderen Weinanbaugebieten wurde im Spätmittelalter bevorzugt Weißwein angebaut. Welche Rebsorten angepflanzt wurden, ist unbekannt. Da jedoch die Erzeugung quantitativ hoher Ernteergebnisse im Vordergrund stand, werden die Wingerte sicherlich mit früh reifenden und auch in durchschnittlichen Jahren reich tragenden Sorten bestockt gewesen sein. Diesen Anforderungen entsprach der dickbeerige, frühreifende und massetragende „Kleinberger“ (auch „Elbling“ genannt).

Eine Analyse durch Bodenproben gesicherter Pollen könnte noch heute genauen Aufschluss geben, mit welchen Rebsorten vor über 400 Jahren die Niederelberter Weinberge bestockt waren.

Wegen des gänzlichen Fehlens von Weinbergsmauern bzw. Mauerresten ist davon auszugehen, dass in allen Niederelberter Wingertlagen kein Terrassenweinbau betrieben wurde.

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Titelbild:
Kartenaufnahme der Rheinlande durch Tranchot und von Müffling (1803 – 1820)
© GeoBasis-DE / LVermGeoRP (2025), dl-de/by-2-0, http://www.lvermgeo.rlp.de, Originale im Besitz der Kartenabteilung der Staatsbibliothek zu Berlin

Kartenausschnitt und Foto:
© 2019 Wander – und Kulturverein Niederelbert, www.wandern-kultur-niederelbert.de