Tradition in steilsten Lagen

Turmberg

Die sich dem Burgberg der Laurenburg nach Norden anschließende Hanglage wird Turmberg genannt. Sie liegt in Nähe des südwestlichen  Scheidter Ortsrandes und fällt nach Südwesten in das Tal des von Holzappel zur Lahn fließenden Waselbachs.

Am Turmberg zeugen an vier Abschnitten Fragmente der typischen Stützmauern vom früherem Terrassenweinbau:

Die Wingerte waren jeweils am südlichen Rand der jeweiligen, aus dem Hang heraustretenden Felsköpfe angelehnt.

Lage Turmberg mit den Einzellagen 'Hasenlay', 'Schwarzlay' und 'Tornlay'.
Lage Turmberg mit den Einzellagen 'Hasenlay', 'Schwarzlay' und 'Tornlay'. 
© 2018 mapz.com

Obwohl die Hanglage des Turmbergs zum Waselbach grundsätzlich nach Westen fällt, bilden die zwischen den Felsköpfen über die Zeit entstandenen tiefen, in der Falllinie des Hangs verlaufenden Erosionsgräben die für Weinbau günstigen, nach Süden ausgerichteten Hanglagen.

Einerseits ermöglicht die Südhanglage eine frühe,  direkte und langanhaltende Sonneneinstrahlung, andererseits begünstigen die Erosionsgräben und deren Verlauf  den raschen Abfluss kälterer Luft,  besonders bei kalten Ostwinden im Frühjahr und Herbst.


Wie in der Bibliografie zum Weinbau an der Lahn durch die Verfasser dokumentiert wurde, konnte aber in den Steillagen Wein erst angebaut werden, nachdem die Terrassenkultur Einzug in des Lahntal gefunden hatte.

Das für die Mauerwerke zur Terrassierung erforderliche Baumaterial wurde an diesen Felsformationen abgebaut. Deren heutige Bezeichnung als Lay weist auf die Nutzung als Schiefer- bzw. Steinbruch hin.

Zur Erhöhung der Stabilität von Mauern in der Steillage wurde der gewachsene Fels häufig als Ankerpunkt/Eckpunkt für Stützmauern genutzt.
Im folgenden Bild beweist der waagerechte Verlauf der Schieferschichtung einer großen Schieferplatte deren Einbringen von Menschenhand.
Im Gegensatz zu ihr fällt die Schichtung des als Ankerpunkt genutzten Felskopfes (Bildmitte rechts) fast senkrecht. 

Nutzung eines Felskopfes als Ankerpunkt.einer Weinergsmauer .
© 2018 Weinbau an der Lahn / Matthias C. Schmidt
Alle Rechte vorbehalten.

Urkundlich konnte Weinbau am Turmberg allerdings bisher nicht nachgewiesen werden.

Einziges bekanntes Kartendokument, das mittelalterlichen Weinbau in der Region ausweist, ist ein Geometrischer Grund Riß über Durchlauchtigster hohen Herrschafft von Anhalt Schaumburg wie auch denen Gemeinden Scheid et Laurenburg Dörnberg Kalckofen und Horhausen eigenthümlich gehörige Waldungs Districte im Scheid und Dörnberger Forst, gefertigt 1764.

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Ausschnitt:
Geometrischer Grund Riß über Durchlauchtigster hohen Herrschafft von Anhalt Schaumburg wie auch denen Gemeinden Scheid et Laurenburg Dörnberg Kalckofen und Horhausen eigenthümlich gehörige Waldungs Districte im Scheid und Dörnberger Forst
© Landeshauptarchiv Koblenz, Bestand 702, Karte 15951, 1764

Darin ist am Turmberg (Bildmitte, Nr. 14) – wie in allen später datierten Kartenwerken auch – kein Weinbau, sondern Wald ausgewiesen.

In der Explication der Districte wird ergänzend ausgeführt:

Nr. 14
Der Thurmberg genant, Ein sehr felsig und hoher Berg mit etwas kurtzstämigtem Holtz bestanden.

Landeshauptarchiv Koblenz, Bestand 702, Karte 15951, 1764

Aus dem Erstellungsjahr der Karte darf daher geschlussfolgert werden, dass die dort gelegenen Wingerte offensichtlich spätestens im Zuge des durch den 30jährigen Krieges bedingten Niedergang des Weinbaus aufgegeben wurden und in diesen Bereichen der Hanglage in den folgenden 100 Jahren eine natürliche Verwaldung oder auch eine bewusste Waldbewirtschaftung folgte.


Bezeichnend für die Lagen am Turmberg ist, dass bis auf wenige Fragmente und einer gut erhaltenen Mauer unter der Schwarzlay keine Stützmauern mehr vorhanden sind.

Über den Verbleib der Mauersteine lässt sich nur mutmaßen, dass die Stützmauern nach Auflassung der Weinberge als Steinbruch und die Schieferplatten als Material für den Bau bzw. Wiederaufbau von Gebäuden in naheliegenden Ortschaften verwendet wurden, da sich die Bergung und der Transport der Steine zum neuen Verwendungsort  oftmals weniger aufwändig gestaltete, als ein Abbau an den Layen.

Auffällig dabei ist – wie in anderen ehemaligen Lagen an den Lahnhängen auch, dass bei besonders ortsfernen Lagen wie z.B. oberhalb der Laurenburger Frohnau oder in schwierigem Gelände, wie an der Schwarzlay, vom Rückbau der Mauern und Abtransport der Steine wegen eines unverhältnismäßig hohen Aufwandes (Entfernung bzw. schwieriger Abtransport) unterblieb.

So war der oben gezeigte Mauerstein nach Aufgabe des Weinbergs und dessen Rückbau auf Grund seiner Größe und seines Gewichts für eine Bergung, Transport und Weiterverwendung offensichtlich zu unhandlich, so dass er im Gegensatz zu kleineren Steinen vor Ort belassen wurde.

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